Neben unserem Leadership Jahresprogramm organisieren wir in jedem Jahr auch mindestens einen Einzelprogrammtag in unterschiedlicher Zusammensetzung. Zielgruppe dieser Einzelprogrammtage sind:
a) ehemalige Teilnehmende unseres Jahresprogramms, die wieder einmal einen Blick über den Tellerrand nehmen wollen
b) Ehrenamtliche aus unseren Programmen und Projekten (Gesprächspartner*innen, Vorstände und Beiräte), denen wir eine kostenlose Teilnahme als Dankeschön anbieten und
c) Interessierte, die einmal an einem einzelnen Programmtag in unsere Methodik hineinschnuppern wollen.
Zielsetzung der Programmtage ist einerseits die Stärkung des gesellschaftlichen Verständnisses der Teilnehmer*innen und andererseits die Lernerfahrungen am praktischen Beispiel. Zielsetzung ist es jeweils allerdings auch, dass die Gastgeber*innen des Programmtages Unterstützung in Form von Anregungen und Ideen bis hin zu konkreten ehrenamtlichen Angeboten aus den Programmtagen für ihre Arbeit gewinnen.
Beispiel für einen Programmtag in Frankfurt Oder/ Slubice:
Der Tag beinhaltete Gespräche mit Einblicken in Wirtschaft, öffentlichen Sektor und dem Non-Profit Bereich und wurde aufgelockert durch durch einen fachkundlich begleiteten Stadtspaziergang.
Besuch im deutsch-polnischen Coworking-Space BLOK O und Gespräch mit Coworking-Managerin Linda Pickny
Bei einer Führung durch die Räumlichkeiten schilderte Linda Pickny ihre Eindrücke und Erfahrungen eines Standorts an der deutsch-polnischen Grenze und erläuterte, wie die Region aus ihrer Sicht tragfähige Perspektiven für junge Menschen bieten kann. Außerdem stellten die Gründer Michal Podyma und Jonas Schöneberg, die das BLOK O bereits aktiv nutzen, im Elevator-Pitch-Format ihre Ideen vor. Dabei handelte es sich zum einen um die deutsch-polnische Zeitarbeitsfirma Eurojob West und zum anderen um gleich zwei Unternehmen; WM Wasser Manufaktur GmbH und die GM GesundheitsManufaktur GmbH. Die teilnehmenden Führungskräfte gaben zu den Start-Ups ihr Feedback.
Treffen mit Oberbürgermeister René Wilke im Rathaus von Frankfurt/Oder
Zu den größten Herausforderungen der Stadt zählt laut Oberbürgermeister René Wilke besonders das Missverhältnis von Schulden und verfügbarem Investitionsbudget. Auf die hohen Schulden summiert sich ein Rückstau ausstehender Reparaturkosten von 120 Millionen Euro. Für diese stehen aber jährlich nur 10 Millionen Euro zur Verfügung, Landes- und EU-Fördergelder bereits eingerechnet. Er befinde sich mit seinen Entscheidungen somit in einem ständigen Spagat zwischen reiner Schadensbegrenzung und neuen Investitionen, die besonders wichtig für die infrastrukturelle Entwicklung vor Ort seien. Obwohl die Region seit der Wende eher von Skepsis und Enttäuschung geprägt sei, war der Tenor ein zaghaft-optimistischer: die Viadrina-Universität sei auch unter internationalen Studierenden ein wichtiger Pull-Faktor. Außerdem stellte sich bei der internationalen „Doppelstadt-Konferenz“ FFO/Slubice eindeutig als best practice Modell dar. Das gebe – trotz wachsender Probleme in der Zusammenarbeit aufgrund national-politische Interessen – Mut zur Intensivierung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit.
Treffen mit Dr. Krzysztof Wojciechowski, Verwaltungsdirektor des Collegiums Polonicum
Mit dem Geschichtenerzählen kennt sich Dr. Krzysztof Wojciechowski als Vorsitzender des Vereins „mylife – erzählte Zeitgeschichte e.V.“ und als Autor des Buchs „Meine lieben Deutschen“ aus – und das merkte man seinen Schilderungen aus der Zeit, als der „europäische Alltag noch kein Standard war“ an. Bildhaft und teils (selbst-)ironisch schilderte er den Lebensalltag an der deutsch-polnischen Grenze und wie sich die Brücke über die Oder von einem „Schlachtfeld“ zu einem „Bindeglied“ wandelte. Besonders die Kriminalität, die durch Not und Neid bedingt wurde, sei so gut wie verschwunden. Es habe vielfältige Angleichung gegeben; das Lohngefälle von 1:10 sei inzwischen bei 1:3 angelangt und die Bilingualität der Doppelstadt trage maßgeblich zum positiven Verhältnis bei. Doch auch schwer messbare Faktoren, wie Kleidungsstile, non-verbale Kommunikation oder Essgewohnheiten seien näher zusammengerückt. Auf die Frage, wieso es nach der – im Weltmaßstab außergewöhnlich geglückten – deutsch-polnischen Versöhnung zum aktuellen Aufschwung nationaler Tendenzen komme, zeichnete Herr Wojciechowski ein plastisches Bild moderner Gesellschaft: Die Menschen seien im Paradies angekommen, hätten nun die Engelschöre satt und liefen Gefahr, durch den Hinterausgang direkt auf eine Müllhalde zuzusteuern.“