Wie funktioniert Lobbyarbeit? Dieser spannenden Frage widmeten wir uns beim Leadership Talk am 11. Dezember – unterstützt durch die MinD-Stiftung – anhand eines kontroversen Beispiels: der Zigaretten- und Tabak-Lobby. Rund 40 Teilnehmende, darunter Mitglieder von Mensa in Deutschland und Leadership Berlin, nutzten die Gelegenheit, Jan Mücke, Geschäftsführer des „Deutschen Zigarettenverband e.V.“ und des „Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse e.V.“, mit zahlreichen Fragen zu konfrontieren.
Zum Einstieg zeigten wir die US-Komödie „Thank You for Smoking“, die humorvoll die Herausforderungen eines fiktiven Tabak-Lobbyisten darstellt. Der Film bot einen idealen Auftakt, denn auch Jan Mücke sah sich anschließend vor allem kritischen Fragen gegenübergestellt – und bewies dabei eine ähnliche rhetorische Schlagfertigkeit wie der Hauptdarsteller des Films.
Kreative Argumentationen und kontroverse Perspektiven
Jan Mücke zeigte eine breite Palette an Argumentationstechniken, etwa:
- Umweltschutz: Er hob das Engagement seines Verbands hervor, etwa durch die Verteilung von Hosentaschen-Aschenbechern zur Vermeidung von Zigarettenabfall.
- Genuss vs. Sucht: Er stellte seinen eigenen Konsum als „Genuss-Raucher“ der Suchtproblematik gegenüber.
- Wirtschaftliche Bedeutung: Er betonte die Rolle der Tabakindustrie für Arbeitsplätze in Landwirtschaft, Einzelhandel und Produktion.
- Jugendschutz: Er verurteilte die Zugänglichkeit von Vapes für Jugendliche scharf und sprach sich für härtere Strafen für deren Abgabe aus.
- Eigenverantwortung vs. Regulierung: Als ehemaliger Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion argumentierte er leidenschaftlich für Eigenverantwortung und gegen staatliche Überregulierung – ein Punkt, der sich auch in anderen Debatten wie Tempolimits, Alkohol oder Cannabis widerspiegelt.
Emotional berührende Momente
Der Abend blieb nicht ohne emotionale Momente. Ein Teilnehmer teilte, dass mehrere Familienmitglieder durch starkes Rauchen an Krebs verstorben seien, während ein anderer den Mord an einem US-Krankenkassen-CEO ansprach. Die Emotionen, die manche im ersten Fall bei Jan Mücke vermissten zeigte er im zweiten Fall umso mehr. Und das hatte auch seine Gründe – hat er doch selbst schon Morddrohungen und Angriffe erfahren. In jedem Fall ragten die entsprechenden Momente aus der ansonsten sehr rational und auf Argumenten basierenden Diskussion heraus.
Einblick in die Praxis der Lobbyarbeit
Darüber hinaus bot der Abend spannende Einblicke in die Strategien der Lobbyarbeit. Jan Mücke erläuterte beispielsweise, wie er sich durch Anschreiben unterschiedlicher Ministerien, Pressearbeit und die Zusammenarbeit mit dem Gastro-Verband gegen ein Rauchverbot in Außenbereichen der Gastronomie einsetzt. Er zeigte auch, wie politische Parteien unterschiedlich mit „gegnerischen“ Lobbys – etwa der Krebs-Gesellschaft oder Befürwortern der Cannabis-Legalisierung – umgehen.
Fazit: Ein Blick hinter die Kulissen
Die Veranstaltung war für viele Teilnehmende anregend und herausfordernd zugleich. Sie bot einen tiefen Einblick in die Kommunikationsstrategien eines Lobbyisten – von geschickter Argumentation bis hin zur Nutzung kritischer Fragen für die eigene Agenda. Dass manche den Eindruck hatten, die Veranstaltung sei zur Werbeplattform für die Tabakindustrie geworden, mag als Hinweis darauf dienen, wie überzeugend Jan Mücke seine Position als Lobbyist vertreten hat – genau so, wie es seine Aufgabe ist.
Wir danken dem Soziokulturellen Zentrum Kiezspinne FAS e.V., das wir die Veranstaltung in seiner Orangerie durchführen durften.