Gesprächspartner*innen für US-Führungskräfte gesucht!

Gesprächspartner*innen für US-Führungskräfte gesucht!

Zwischen dem 19. und 25. Mai 2024 sowie dem 15. und 21. September 2024 geben wir 30 US-Führungskräften in unserem Programm „Berlin Leadership Insights“ Einblicke in Gesellschaft und das Leadership-Setting der deutschen Hauptstadt. Wer hat Zeit und Lust für einen Austausch? Bitte erreichen Sie uns unter info@leadership-berlin.de.


Leadership Programmtag in der JVA Moabit

Wie funktioniert Führung in einem so herausfordernden Kontext wie einer Justizvollzugsanstalt? Mit unserem Programmtag im Juli gingen wir dem mit Einblicken in Arbeits-, Therapie- und Wohnbereiche der JVA Moabit und Gesprächen mit Führungskräften und Inhaftierten auf den Grund.

Mit dem sechsten Programmtag unseres diesjährigen Collaborative Leadership Programms waren wir zu Gast in der JVA Moabit.
Durch Einblicke in Wohn-, Arbeits- und Therapiebereiche, Gespräche mit Inhaftierten und zahlreichen Führungskräften der JVA gewannen die Teilnehmenden nicht nur Einblicke in einen spannenden und inspirierenden Leadership Kontext - so manchen Klischeevorstellungen wurde eine Realität gegenüber gestellt, die viele so nicht erwartet hätten.
Beispielsweise hatten viele Teilnehmende unseres Leadership Programms die Erwartung eines sehr von Autorität und Restriktionen geprägten Führungsstils und waren überrascht, auf sehr empathische Führungskräfte zu treffen, die in erster Linie Freundlichkeit und sogar Humor im Umgang mit den Inhaftierten wie auch den Beschäftigten einsetzen und die gleichzeitig allerdings auch in der Lage sind, Grenzen aufzuzeigen.
In den Kontext passte auch die Feststellung, daß die Justizvollzugsbeamten (andere Bezeichnungen sind übrigens unerwünscht) zum Selbstschutz weder mit Schlagstock, Teaser o.ä. bewaffnet sind, sondern ihre stärkste Waffe der Mund ist - wie es ein Justizvollzugsbeamter zum Ausdruck brachte. Auch, daß der Frauenteil unter den Führungskräften in der reinen Männer-Haftanstalt bei über 70% liegt, hätte wohl kaum jemand erwartet.
Wir danken der Anstaltsleiterin, Anke Stein, und allen Beteiligten der JVA Moabit für einen eindrücklich Programmtag und freuen uns, wenn wir den großartigen Eindruck von den Führungskräften in der JVA nach Außen tragen können. Auch im Hinblick auf die Gewinnung von Nachwuchskräften für die Arbeit an und mit Menschen im Strafvollzug.

Als Führungskraft Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpfen und erweitern?

Dieser Frage widmeten sich die Teilnehmenden unseres Jahresprogramms im Juni mit Gesprächen u.a. mit Stefan Moschko, Personalleiter Siemens Deutschland und u.a. Präsident des UVB, mit Vera Gäde-Butzlaff, die als Vorstandsvorsitzende der BSR, der GASAG und der Bürgerstiftung Berlin in allen drei Sektoren Spitzenpositionen bekleidete und einigen mehr.

Wie kann man als Führungskraft Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpfen und erweitern?

Dieser Frage - und der besonderen Einblicknahme in Sichtweisen der Wirtschaft - widmeten wir uns zu unserem gestrigen Programmtag unseres Collaborative Leadership Programms, mit dem wir bei der Deutsche Bank "Unter den Linden" zu Gast waren.

Eine der spannendsten und inspirierendsten Erkenntnisse des Tages war sicherlich für alle Teilnehmenden die Fallbeispiele, wie es Führungskräften in der öffentlichen Verwaltung trotz eines sehr einengenden Regelwerks gelingt, trotzdem Handlungsspielräume zu finden bzw. auszuweiten.

Dass man aus Sicht der Wirtschaft sich seitens der Verwaltung sehr viel mehr Flexibilität und Geschwindigkeit wünschen würde, erfuhren die Teilnehmenden von Stefan Moschko , der nicht nur Personalleiter von Siemens für Deutschland ist, sondern in zahlreichen anderen Positionen, u.a. auch als Präsident der Vereinigung der Unternehmerverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), Vorstandsvorsitzender des Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. und Vorstandsvorsitzender des Verbands der Metall- und Elektroindustrie die Interessen der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg vertritt.

Wie sind aus seiner Sicht als Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite die Abläufe und "Spielregeln" bei Tarifverhandlungen? Wie ist die Sichtweise der Wirtschaft auf die Herausforderungen der drei Ds - Dekarbonisierung, demografischer Wandel und Digitalisierung?

Aber auch: Wie versuchen Führungskräfte gleich welchem Bereich mit der Herausforderung um, genügend Nachwuchskräfte zu gewinnen? Wie versuchen Führungskräfte dazu beizutragen, dass es keine "gläserne Decke" für weibliche Führungskräfte gibt? Wie gehen Führungskräfte mit einer nachkommenden Generation um, bei der Leistungsbereitschaft und das Bedürfnis nach Life-Work-Balance und Home-Office häufig anders sind als in der Generation aktueller Führungskräfte im Alter von 40 und älter?

Welche Soft-Skills sind hilfreich oder erforderlich, um in Unternehmen, in Verbänden, in öffentlichen Unternehmen oder im gemeinnützigen Bereich erfolgreich zu sein und etwas zu bewegen? Wie viel Mut, sich einzumischen, sich zu vernetzen oder Dinge "einfach zu machen", braucht man als gute Führungskraft? Wie viel Druck, Resilienz, Ambiguitätstoleranz und Frustrationstoleranz muss oder sollte man als Führungskraft auszubringen in der Lage und bereit sein, wenn man etwas bewegen will? Wie kann es gelingen, auf unterschiedlichste Menschen zugehen, ihre Sichtweisen wahrnehmen und sich auf sie einstellen zu können? Wie kann es gelingen, dass man zugänglich bleibt und Menschen aufgrund der formalen Position keine Angst vor einem haben?

Diese und weitere Fragen diskutierten die Teilnehmenden mit Stefan Moschko, aber auch in Kleingruppenformaten untereinander und bei Vor-Ort-Besuchen:

Vielen Dank in diesem Sinne explizit auch bei:

- Vera Gäde-Butzlaff, die über ihre Spitzenpositionen im öffentlichen Bereich (ehemalige Vorstandsvorsitzender der BSR), im privatwirtschaftlichen Bereich (ehemalige Vorstandsvorsitzende der GASAG) und dem gemeinnützigen Bereich (Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Berlin) berichten konnte,

- Peter Schilling, COO und Partner bei Ernst & Young mit Einblicken in viele Bereiche der Wirtschaft in Deutschland wie auch den USA,

- Jürgen Grenz, der nicht nur mit seiner index Gruppe erfolgreicher IT-Unternehmer ist, sondern auch im gemeinnützigen Bereich mit der von ihm gegründeten und geleiteten Stiftung Gute-Tat Berlin online Tausende Menschen in Ehrenämter vermittelt

Mohamed Taha Sabri, der als Imam und Vorstandsvorsitezender der Neuköllner Begegnungsstätte دار السلا sich in verschiedenster Form für interreligiösen Dialog, gegen Antisemitismus, Homophobie oder islamistischen Terror und Brückenbauen zwischen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft einsetzt, ob obwohl er dafür immer wieder scharfen Gegenwind sowohl von radikalen Muslimen und Palästinensern als auch aus Medien und aus der Mehrheitsgesellschaft erntet und

- unseren Gastgeber, den Filialleiter der Deutschen Bank Unter den Linden, Stefan David Haupt, der selbst an unserem Leadership Programm 2021 teilnahm und seit letzten Jahr auch in unserem 9-köpfigen Vorstand mitwirkt!

Vielen Dank an alle Beteiligten für den spannenden Austausch und auch die gemeinnützigen Ideen, die mittels Kooperationen möglicherweise angegangen werden. Wir werden darüber berichten, wenn es so weit ist!


Programmtag in der jüdisch-orthodoxen Gemeinde Kahal Adas Jisroel

Wie stellt sich das Thema Vielfalt aus unterschiedlichen Perspektiven dazu? Dazu bot unser Programmtag neben Einblicken in eine jüdisch-orthodoxe Gemeinde vielfältige Gelegenheit –  zu kognitiver Hochbegabung, Trans-Identität, Freimaurer-Logen bis hin zu den Herausforderungen bzgl. Meinungsvielfalt in der russischstämmigen Community.

Mit dem vierten Programmtag unseres Collaborative Leadership Programms widmeten wir uns dem Thema Vielfalt und dies im Hinblick auf vielfältige Impulse und Diskussionsthemen.

So waren wir in der jüdisch-orthodoxen Gemeinde Kahal Adass Jisroel e.V. zu Gast, in der uns die Geschäftsführerin Anna Segal, der Gründungs-Vorstandsvorsitzende Dr. Doron Rubin, der aktuelle Vorstandsvorsitzende Pavel Lyubarsky und die Verantwortlichen für den Kitabereich, Schulbereich, das Rabbiner-Seminar und die sonstigen Gemeindeangebote Einblicke in ihre Arbeit gaben.

Für einen Einstieg und Überblick zum Thema Vielfalt sorgte Aletta von Hardenberg, die Gründerin der Charta der Vielfalt e.V. ,indem sie die Gründungsgeschichte und die sieben unterschiedlichen Vielfalts-Kategorien der Charta vorstellte.

Und den unseren Programmformaten eigene Aspekt des 'experiental learnings" konnten die Teilnehmenden in intensiven Gesprächen beleuchten zu Themen wie: Menschen mit Trans-Identität, kognitiv Hochbegabte des Vereins Mensa in Deutschland e. V. , die Herausforderungen in der russischstämmigen Community im Hinblick auf "Meinungsvielfalt" bis hin zu Einblicken in die Besonderheiten einer Freimaurer-Loge.

Dabei wurde u.a. deutlich, dass jüdisch-orthodoxe Menschen sich beispielsweise wünschen, dass Arbeitgeber Verständnis zeigen, dass die Gemeindemitglieder an jüdischen Feiertagen nicht arbeiten können. Oder, dass viele Menschen mit Trans-Identität in der Phase ihrer Transition aufgrund mangelnder Toleranz und Akzeptanz ihren Arbeitsplatz kündigen. Oder dass Menschen mit kognitiver Hochbegabung häufig die Erfahrung machen, dass sie an der ein- oder anderen Stelle einen Verbesserungsvorschlag zu viel einbringen und ihre Stärken von Arbeitgebern häufig nicht genutzt werden.

Als in heutigen Zeiten verbindende Erkenntnis für Führungskräfte zeigte sich, dass im Wettbewerb um die Gewinnung von Nachwuchskräften es entscheidend für Organisationen ist, ob und wie weit sie aus der nachkommenden Generation – in der in Berlin beispielsweise fast 50% eine Migrationsgeschichte haben – genügend Beschäftige gewinnen und halten können.

Alles in allem ein Programmtag, der wohl allen Beteiligten viel zum Nachdenken gegeben hat, wie breit und sensibel man für unterschiedliche Aspekte von Vielfalt aufgestellt ist und ob und in welcher Form da noch Verbesserungsmöglichkeiten liegen.

Vielen Dank an alle Beteiligten und insbesondere unsere Gastgeber von Kahal Adass Jisroel.


Mitgliederversammlung und Sommerfest am 5. Juni 2023

Mitgliederversammlung und Sommerfest am 5. Juni 2023

Bei strahlend schönem Wetter waren wir gestern bei den Berliner Wasserbetriebe im Wasserwerk Tegel zu unserer Mitgliederversammlung und unserem anschließendem Sommerfest Gast. Wir haben uns sehr gefreut, so viele Mitglieder und Personen aus unserem Netzwerk wieder zu sehen!

Vielen Dank für die Gastfreundschaft insbesondere an Dr. Gesche Grützmacher und Carsten Utke von den Berliner Wasserbetrieben.

Unser besonderer Dank geht außerdem an die Gesprächspartner*innen der beiden Thementische:

Sandra Grohmann, Vizepräsidentin des Amtsgerichts Schöneberg zum Thema: "Stehen Frauen ihrer Karriere selbst im Weg, weil sie anders kommunizieren als Männer? Input auf Grundlage von Ideen von Dr. Peter Modler mit anschließender Diskussion.“

und Jürgen Hesse, Geschäftsführer für Berufsstrategie, ehemaliger Geschäftsführer der Telefonseelsorge Berlin und Autor des Buches „Mein Chef ist irre – Ihrer auch?“: „Was sind die Thesen seines Buches und auf welchen Erfahrungen mit Führungskräften basieren diese?“


Projekt Vertretungsstunde an der Zuckmayer-Schule

Projekt Vertretungsstunde an der Zuckmayer-Schule

Unsere Alumna Alina Schmitz-Jung, Abteilungsleiterin Soziales des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg, organisiert zukünftig ehrenamtlich die Unterrichtsbesuche von Führungskräften aus unserem Netzwerk an der Zuckmayer-Schule.


Collaborative Leadership Programm 2024 startete am 24. April

Collaborative Leadership Programm 2023 startete am 24. April

Mit einer zweitägigen Auftaktveranstaltung startete unser Haupt-Leadership-Programm im Ringhotel Schorfheide. Die Teilnehmenden kommen zu je 1/3 aus Wirtschaft, öffentlichem und gemeinnützigem Bereich, das Programm erstreckt sich über 8 Programmtage und endet am 5. Oktober 2023.


Leadership Survey: Wir freuen uns über Beteiligung!

Leadership Survey: Wir freuen uns über Beteiligung!

Welche Themen sind für Führungskräfte von besonderem Interesse? Dieser Frage widmen wir uns regelmäßig in Vorstands- und Beiratssitzuungen. Mit unserer Umfrage möchten wir nun in einem erweiterten Rahmen Rückmeldungen und Anregungen einholen. Wir freuen uns über Teilnahme unter diesem Link.


Vertretungsstunde: Diskussion zum Thema Homosexualität

„Wie würdet ihr reagieren, wenn eure Schwester, euer Bruder oder Freunde euch mitteilen, dass sie homosexuell sind?“

Gilles Duhem ist für viele Schüler ein bekanntes Gesicht. Unweit der Zuckmayer-Schule führt der 51-Jährige den Verein MORUS 14, der mit vielen freiwilligen Schülerinnen und Schülern aus dem Kiez auch Nachhilfe anbietet. Kurz erzählt er von seinem Werdegang. Aus Paris ist er vor rund 30 Jahren nach Deutschland gekommen, hat in Berlin studiert und leitet seit 2007 den Verein in der Morusstraße.

Nachdem die Schülerinnen und Schüler einen Stuhlkreis gebildet haben, bittet Gilles, darum, die Sitzordnung zu ändern – immer ein Junge und ein Mädchen nebeneinander. Für manche ist das keine leichte Aufgabe, sitzen sie doch sonst immer nach Geschlecht getrennt voneinander. Aber die Vertretungsstunde ist heute anders.

Gilles überrascht die Jugendlichen mit einem Satz an der Tafel: „Ich bin schwul und das ist auch gut so“. Wer hat das gesagt? Einige erinnern sich an diese Aussage von Klaus Wowereit zu seinem Amtsantritt. „Das hätte auch ich sagen können“ verrät Gilles und schon gibt es viele Fragen: Hat er einen Freund oder ist er verheiratet, hat er Kinder adoptiert, wann hat er gemerkt, dass ihn Mädchen nicht interessieren und wer ist der Mann, wer ist die Frau beim Sex? Ein Junge sagt: „Ich bin da ganz ehrlich, ich bin schwulenfeindlich. Ich weiß nicht genau warum, aber wenn da einer kommt und mich anmacht!“

Gilles setzt Homosexualität zunächst in ein Verhältnis aus Zahlen und Fakten: 5 % der Weltbevölkerung bezeichnet sich als schwul, lesbisch, bi- oder transsexuell. Und das gab es schon immer. Bei den Muslimen sind es ca. 80 Millionen Menschen weltweit. Das löst Verwunderung aus. In vielen Ländern dürfen Homosexuelle heiraten und Kinder bekommen oder adoptieren, aber es gibt auch Orte, in denen sie ihre Homosexualität verschweigen müssen, weil sie unter Todesstrafe steht. Das ist z.B. im Iran, in Afghanistan oder in Saudi-Arabien der Fall. Die Selbstmordrate bei Homosexuellen ist dreimal so hoch wie bei Heterosexuellen, auch dies spricht eine deutliche Sprache. Für viele Menschen aus der muslimischen Community, die in Berlin leben, ist es schwer, zu ihrer Sexualität zu stehen, weil es ein großes Tabu ist. Gilles unterstützt einige geflüchtete Schwule aus dem Nahen Osten und berichtet von einem schwulen Imam aus Frankreich, der Homosexuelle in die Moschee einlädt.

Ein Junge möchte wissen: Wie war es bei ihm, hat sein Vater ihn nicht geschlagen, als er erfahren hat, dass sein Sohn schwul ist? Gilles sagt, dass seine Eltern moderne Ansichten haben, und es völlig unproblematisch war. Nicht alle Eltern reagieren so. Gilles erzählt von einem bayrischen Freund, der 1983 an seinem 18. Geburtstag von der Schule nach Hause kam, und einen gepackten Koffer vor der verschlossenen Tür fand. Oder von einem Fall aus Berlin. Hier wurden einem jungen Mann von seinem Vater und seinen Onkeln K.O.-Tropfen verabreicht, im Kofferraum eines Autos wollten sie ihn in den Libanon bringen, um ihn dort töten zu lassen. Glücklicherweise fielen sie Grenzpolizisten auf und wurden verhaftet. Die Schüler sind betroffen: „Es ist doch immer noch mein Kind“ sagt ein Mädchen.

„Wie würdet ihr reagieren, wenn eure Schwester, euer Bruder oder Freunde euch mitteilen, dass sie homosexuell sind?“ will Gilles wissen. „Ich würde ihm ein Mädchen klar machen“ sagt einer sofort. Einige Schüler reagieren empört, sie würden nicht mehr miteinander reden. Vor allem wollen sie nicht, dass andere davon erfahren. „Rausschmeißen oder schlagen“ sagt einer. Auch „töten, um das Blut rein zu halten“ wird als Alternative genannt, so kann die Ehre gerettet werden, ergänzt ein anderer. Jemand wirft ein, dass jeder selber wissen muss, was er mag, ob Jungs oder Mädchen, das ist doch egal, ein Mensch ist ein Mensch. Viele Vorschläge drehen sich um die passende Bestrafung, doch es gibt auch leisere Töne: ein Junge erzählt, dass er einen schwulen Cousin hat, ein anderer, der zuvor für’s Töten eingetreten ist, räumt ein, dass schlagen auch ausreichen würde.

Gilles lässt jede Meinung gelten und hört genau zu, verurteilt nicht. Denn er freut sich, dass die Schüler so offen sprechen. Viele geraten ins Grübeln. Und genau das ist es, was Gilles erreichen möchte – über Homosexualität zu reden ist ein erster Schritt weg vom Tabu und eine Einladung zur Reflektion. Die heutige Vertretungsstunde ist ganz sicher ein Anfang dafür. „Sex ist doch auch viel interessanter als Schule“ sagt Gilles mit einem ansteckenden Lachen, als es zur Pause klingelt.


Katharina Spatola und Azubine Linda Quach vom Kindernotdienst

Im Rahmen unseres Projektes „Vertretungsstunde“ besuchen Führungskräfte die Zuckmayer-Oberschule und geben dort in einer neunten Klasse auf der Basis ihrer Erfahrungen aus der beruflichen Praxis eine „Vertretungsstunde“ im WAT-Unterricht (Wirtschaft-Arbeit-Technik).

Die ehrenamtliche Koordinatorin Carmen Vallero schrieb folgenden Bericht zu einem Termin mit zwei Mitarbeiterinnen des Kindernotdienstes Kreuzberg:

Kinder in Not

Zu Gast in der Zuckmayer-Schule sind heute die Kindheitspädagogin Katharina Spatola und Linda Quach, die eine Ausbildung zur Erzieherin macht. Sie arbeiten im Kindernotdienst in Kreuzberg. Doch was genau ist eigentlich ihre Arbeit?

Zunächst beschreiben sie beispielhafte Fälle, mit denen sie zu tun haben: Kinder, die zuhause eingesperrt werden, weil die Eltern betrunken durch die Stadt ziehen. Ein Baby, mit blauen Flecken übersäht, das von der Polizei in den Notdienst gebracht wird. Ein jugendlicher Drogenkurier, der schon lange die Schule schwänzt und nicht mehr nach Hause kann. Ein Mädchen, dessen Freizeit und dessen Handy von den Eltern kontrolliert wird und das nach einem heftigen Streit in den Notdienst kommt.

In der Klasse ist es oft unruhig – und heute ganz anders. Es gibt überall betroffene Gesichter.  Niemand spricht.

Hilfe rund um die Uhr

Der Kindernotdienst steht allen Kindern und Eltern, die in Not geraten sind oder die einer akuten Kindeswohlgefährdung ausgesetzt sind, als Zufluchtsort und als stadtweit bekannte Anlaufstelle für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres – rund um die Uhr – zur Verfügung. Er ist damit zuständig, wenn das Jugendamt geschlossen hat, z. B. wenn die Kinder nachts aus der Familie genommen werden müssen und dann erstmal einen sicheren Ort brauchen. Viele kommen auch allein – weil sie mit den Eltern nicht mehr klarkommen, rausgeworfen wurden oder nicht mehr weiterwissen. Es ist immer jemand da. Es gibt etwas zu essen, einen Schlafplatz, man kann dort spielen und mit den Erziehern sprechen.

Der Notdienst in Kreuzberg hat zehn Plätze für Kinder von 0 bis 13 Jahren. Meist bleiben sie zwei bis drei Tage und wenn das Zuhause keine Option ist, werden andere Möglichkeiten geprüft. Das kann eine Krisengruppe, eine Pflegefamilie, eine Wohngruppe oder eine andere Einrichtung sein. Konflikte können so deeskaliert werden, es gibt eine kleine Pause, in der nach Lösungen gesucht wird.

Was würdet ihr tun?

„Was denkt ihr über die Fälle, die wir geschildert haben?“ fragen die Pädagogen. „Schlagen ist nicht okay“ sagt ein Mädchen, räumt dann aber ein, dass ein Klaps auf den Po erlaubt sei. Ein Junge findet, dass es auf das Alter ankommt: „15jährige brauchen Schläge, die sind im Kopf schon alt genug, die kriegen dann Angst und das ist ein gutes Erziehungsmittel!“ „Was würdet ihr tun?“ hakt Katharina Spatola nach. Von Privatlehrern für Kinder, die schwänzen, bis einsperren, wenn die Kinder nicht hören, reichen die Vorschläge. Einig sind sich aber alle, dass man erstmal vernünftig miteinander reden sollte.

Das ist ein gutes Stichwort für ein Rollenspiel: Eine Schülerin verkörpert die Mutter, Katharina Spatola eine Jugendliche, die ihren Eltern nicht sagen möchte, wohin sie geht. Gekonnt schmettert sie alle Versuche der „Mutter“ mit ihr zu reden, ab. Schnell wird klar: Miteinander reden geht nur, wenn beide bereit dazu sind.

Feste Regeln

Die Kinder sind in einem separaten Haus untergebracht, zu dem nur die Mitarbeiter*innen Zugang haben. Kinder ab 12 dürfen alleine in den Ausgang, sind sie aber am Abend zum Essen nicht da, werden sie bei der Polizei als vermisst gemeldet. In der Nacht müssen alle Handys abgegeben werden. Man erhält auch Taschengeld – die Höhe hängt vom Alter ab. Ein 13-jähriges Kind bekommt z. B. 94 Cent am Tag. Eltern können kommen und sich von den Sozialarbeiter*innen beraten lassen oder um ihre Kinder zu besuchen – wenn die Kinder sie nicht treffen möchten, müssen sie das aber nicht. Eltern, von denen eine Gefahr für das Kind ausgeht, dürfen unter Umständen auch gar nicht zu Besuch kommen. Katharina Spatola erläutert, dass diese Regeln wichtig sind, damit sich alle wohl und sicher fühlen. Manchmal gibt es aber auch Probleme – rasten Kinder richtig aus und gefährden damit sich selbst oder andere, bringt der Krankenwagen sie in die Psychiatrie.

„Was war das Schönste und was war das Schlimmste, das Sie erlebt haben?“ wollen die Schüler wissen. Linda Quach erzählt von Kindern, die kein Wort Deutsch konnten und in drei Tagen ganz viel gelernt haben. Weiter berichtet sie von einem Jungen, der sie bedroht hat – so sehr, dass sie sich zusammen mit den anderen Kindern in einem Raum eingeschlossen hat. Katharina Spatola erinnert sich am liebsten an ein Baby, das in seinen ersten Monaten nur im Maxi Cosi lag und dadurch einen verformten Körper hatte. „Man konnte zuschauen, wie es sich jeden Tag mehr erholt, sich gestreckt und entfaltet hat“, erzählt sie.

Gegen Ende der Stunde erklären die Gäste, welche Voraussetzungen für die Ausbildung nötig sind und in welchen Bereichen man als Erzieher*in arbeiten kann. Beide erzählen, wie viel Spaß ihnen die abwechslungsreiche Arbeit macht, mit der sie viel bewirken können. Auch für die Schüler*innen war es ein interessanter Vormittag – so aufmerksam wie sie dabei waren.

Sie haben auch Interesse, eine Vertretungsstunde zu übernehmen? Melden Sie sich gerne bei Alexander Ronge: alexander.ronge@cgi.com